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Kindermuseum – made
in Graz
Wenn Graz im Jahr 2003 Europas Kulturhauptstadt wird, soll –
nicht zuletzt auch auf Initiative von Stadträtin Tatjana Kaltenbeck
– in der steirischen Landeshauptstadt ein Kindermuseum in Betrieb
sein, das nicht nur reale, physische Exponate präsentiert,
sondern parallel dazu mit einem nach dem Stand der Informationstechnologie
aufgebauten virtuellen Teil aufwarten kann, der – via neue Medien
– sozusagen in die Welt hinaus reicht, die Welt aber auch ins Museum
herein holt. Hans Fraeulin, Theatermacher und ehemaliger Grazer
Kinderbeauftragter, Motor des vom Media-Programm der EU unterstützten
Projekts, an dem bereits ein rundes Dutzend Spielexperten, KünstlerInnen,
Redakteure, WebdesignerInnen und IT-ExpertInnen mitarbeiten: „Die
Saurier starben aus, weil sie nicht spielten. Überleben kann
man nur, wenn man gelernt hat, in Alternativen zu denken. Spiel
reicht weiter ins ,wirkliche Leben’ hinein, als die meisten von
uns wahrhaben wollen.“
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Kindermuseum-Motor Hans Fraeulin: „Alle Spielfäden
dieser Welt können
in Graz zusammenlaufen“ |
Sich das Universum der Spiele, die je gespielt worden sind und die in Zukunft
gespielt werden, anzueignen, dazu bedarf es eines „Museum in Progress“,
eines wachsenden, sich entwickelnden Organismus, der die vielfältigen
Reize von außen wahrnimmt, verarbeiten und allen zugänglich
machen kann. Damit ist schon das Prinzip dieses Projektes umrissen:
Das Museum ist sozusagen „Schnittstelle“ zwischen „befingerbarer“
und virtueller Wirklichkeit. Zu jedem Spiel, auf das ich gestoßen
bin oder gerade gespielt habe, kann ich Information einholen oder
versenden. Der latente Zusammenhang zwischen Realität, Spiel
und Virtualität manifestiert sich in den neuen Medien. Arbeit
bekommt seine notwendige spielerische Komponente, um sie erträglich
zu machen, und Spiel beweist, dass es bei allen Geistesblitzen ganz
schön anstrengend sein kann.
Kristallisationskern: 70 Millionen Jahre Spiel
Eröffnet werden soll das Kindermuseum mit einer multimedial vernetzten
temporären Ausstellung „70 Millionen Jahre Spiel“, die zunächst
den insbesondere für Kinder zentralen Aspekt menschlichen Daseins
und Tuns fokussieren wird. Die Ausstellung soll später teilweise in
den fixen Museumsbestand übernommen werden. Sie soll aber auch als
Klon oder als Kopie an ähnlich konzipierte Museen wie etwa das Experimentarium
in Kopenhagen oder die Phaenomentas in Flensburg und Lüdenscheid weitergegeben,
verkauft oder gegen deren Sonderausstellungen eingetauscht werden können.
Der haptische Teil des Projektes besteht aus Räumlichkeiten, einem
Grünbereich und einem Netzwerk über die ganze Stadt. Es soll
Dauerinstallationen und Wechselausstellungen geben, und auch Hinweise,
wie man gefahrlos zum Museum kommt, und was sonst noch Attraktives auf
dem Weg liegt.
Die Installationen sollen natürlich allen ästhetischen Ansprüchen
genügen. Der alles entscheidende Unterschied zu herkömmlichen
Museen ist der: Nicht wie sonst bilden Sammlungen den Ausgangspunkt, das
Interesse der Menschheit dafür zu wecken, sondern zentraler Ausgangspunkt
ist die kindliche Neugier, von der die Gestaltungsüberlegungen ausgehen.
Klar, dass da Kinder frühzeitig in die Gestaltung eingebunden werden
und die ersten Härtetests durchführen dürfen.
70 Millionen Jahre Spiel wird jede Bedeutung von Spiel umfassen: Kinder-
und Erwachsenenspiele, Glücks- und Geschicklichkeitsspiele, alte und
neue, vergessene und aktuelle Spiele, Spiele im Freien und in geschlossenen
Räumen, Spiele aus aller Welt, Sport und Kultus, Theater in allen
Variationen, Musik und Tanz, alte und neue Medien, Theorie und Spielpraxis.
Schließlich soll die Ausstellung selbst ein Spiel sein mit allen
Möglichkeiten des sich Erinnerns und Sammelns, dem Ausprobieren von
Spielvarianten und dem Entwickeln neuer Spiele mit den dafür erforderlichen
Hilfen.
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Kindermuseum: Zentraler Ausgangspunkt soll die kindliche
Neugier sein, von der die Gestaltungsüberlegungen ausgehen |
Von der Möglichkeit für die jungen Leute, gleich zu spielen,
sich Bälle, Spiele und Instrumente auszuleihen bis zur Abrufbarkeit
von Informationen und Clips aus einem eigenen Intranet und aus dem Internet
soll das Angebot reichen. Mit Hilfe neugieriger Kids (und ihrer Eltern)
sollen in Vergessenheit geratene wie auch neue Spiele (re-)akquiriert werden
können. Die Informationen werden aufbereitet, um sie späteren
Spielbegeisterten, auch allen, die die Ausstellung via Internet besuchen,
mit schnellem Zugriff zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise könnten
irgendwann alle Spielfäden dieser Welt in Graz zusammenlaufen.
Info:
Hans Fraeulin, Pick-up Theater Company, Stiftingtalstraße
120, 8010 Graz, Tel. 0316/356123, e-mail: hans.fraeulin@styria.com
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