|
2003: „Niemand soll die Einsparungen
merken“
Auch Wolfgang Lorenz ist ein Opfer des
Nulldefizits: 50 (Bundes)Millionen weniger als geplant bekommt er für
„2003“. Allen Hoffnungen aus der Grazer Kultur-Szene, dies könnte
das Aus für die umstrittene Murinsel und gleichzeitig eine Umschichtung
dadurch frei werdender Mittel in Kulturprojekte bedeuten (das Acconci-Projekt
schlägt ja mit mindestens 70 Mio zu Buche), hat der Intendant aber
eine Absage erteilt: „Die Murinsel wird gebaut“, hieß es kürzlich
bei der Präsentation eines Insel-Modells.
Die Inszenierung vermischte dabei zwei Vorhaben,
die nur vordergündig miteinander zu tun haben: Die lange geplante
Murufersanierung, deren Umsetzung ebenfalls im Rahmen der Präsentation
vorgestellt wurde, hätte nämlich schon realisiert werden können,
hätte sie nicht wegen der Planung der Murinsel-Zugänge zurückgestellt
werden müssen.
Das Titanic-Syndrom
Die Vorstellung der Murinsel selbst erinnerte
ein wenig an die Präsentation des Betriebssystems „Windows“ durch
Bill Gates: Bei einer Hochwasser-Simulation schwappten sofort einige Liter
Wasser in das rote Stahlmodell. Mag dies auch tatsächlich den noch
fehlenden Aufbauten geschuldet sein, wie Univ.-Prof. Günther Heigerth
nicht müde wurde zu erklären: Überzeugen kann die trotz
einer Größe von 770 Quadratmetern für maximal 350 Personen
zugelassene Stahlplattform nicht wirklich. Von freiem Zugang kann angesichts
dieser Beschränkung der Besucherzahlen nicht die Rede sein.
|
Skeptische Blicke auch bei Intendant Lorenz und Univ.-Prof.
Heigerth: Das Murinsel-Modell ging bei der Hochwasser-Simulation fast baden |
Umschichtungen von Kulturprojekten zur Murinsel
Kryptisch die Antwort von Wolfgang Lorenz auf
die Frage, wie und wo die nun fehlenden 50 Millionen Schilling wieder hereingebracht
werden sollen: „Mir wäre es am liebsten, niemand würde die Einsparungen
merken.“ Es soll bei jenen Kulturprojekten gespart werden, für die
es noch keine Verträge abgeschlossen wurden – womit 3,63 Mio EUR von
Kulturprojekten zum Tourismus- und Gastronomieprojekt „Murinsel“ umgeschichtet
werden.
Auch weitere Kleinigkeiten, so wie die Nachnutzung,
bleiben ungeklärt. Lorenz hofft, dass die Grazer die Insel nicht mehr
missen wollen, andernfalls wird sie abgebaut – und das war’s. Die noch
vor einigen Monaten aus dem 2003-Büro gestreuten Gerüchte, es
gebe bereits Interessenten für den Weiterbetrieb der Murinsel, dürften
sich also wegen der hohen Betriebs- und Wartungskosten in Nichts aufgelöst
haben.
„Gewählte VertreterInnen dürfen sich
nicht entmündigen lassen“
Der grüne Gemeinderat Mag. Hermann Candussi,
profiliertester Insel-Kritiker unter den Grazer StadtpolitikerInnen, will
jedenfalls die Forderung nach einem Nachnutzungskonzept ins Stadtparlament
einbringen: „Wenn Lorenz diese Forderung nicht erfüllt, darf die Stadt
die nächste Tranche der Mittel für 2003 nicht freigeben. Das
Intendanzprinzip kann nur so weit gelten, als es um die Gestaltung der
Inhalte von 2003 geht; wenn aber die Stadtentwicklung von Lorenz’ Entscheidungen
massiv betroffen ist, dürfen sich die gewählten VertreterInnen
doch nicht einfach entmündigen lassen. Es war ja übereinstimmende
Meinung aller Parteien, dass nur nachhaltige Projekte umgesetzt werden
sollen, die auch über 2003 hinaus genutzt werden.“ Candussi erwägt
auch, „verfassungsrechtlich prüfen zu lassen, wie weit ein ernannter
Intendant in die Kernbereiche der Stadtpolitik eingreifen darf.“
|