06 / 2000
  Menschenrechte als Herausforderung

Als Konsequenz aus dem Fall Omofuma wurde noch unter Minister Karl Schlögl ein Menschenrechtsbeirat beim Innenministerium bestellt, der nun seinerseits sechs regionale Menschenrechtskommissionen einrichtet. Zur Chefin der Kommission für den Bereich des Oberlandesgerichtssprengels Graz – der für die Bundesländer Steiermark und Kärnten zuständig ist – wurde die Leiterin des Afroasiatischen Institutes in Graz, Mag. Angelika Vauti, bestellt. KORSO sprach mit ihr über die Perspektiven ihrer Arbeit, die sie mit 1. Juli aufnehmen wird.

Die neue Kommission wird ein sensibles Tätigkeitsfeld zu beackern haben: Die Dienststellen der Polizei, der Gendarmerie, der Grenzkontrolle sowie die Polizeigefangenenhäuser in Kärnten und der Steiermark sollen auf menschenrechtskonformes Vorgehen überprüft werden; zumindest zwei Vor-Ort-Besuche pro Monat sind vorgesehen. Vauti: „Es ist vorgesehen, dass wir die Dienststellen auch unangemeldet besuchen, die zuständigen Amtsleiter oder Vorstände müssen uns Einsicht in die Akten gewähren, Zutritt zu sämtlichen Räumlichkeiten verschaffen und auch Gespräche mit angehaltenen Personen ermöglichen.“ Allerdings soll diese „Kontrollfunktion“, so Vauti, nicht unbedingt im Vordergrund stehen: „Noch wichtiger ist die Präventivfunktion. Mein Ziel ist der Aufbau eines Netzwerkes aus NGO’s, den Einrichtungen der Exekutive und der Menschenrechtskommission, das auch Fortbildungsarbeit leistet – zum Beispiel antirassistische Arbeit innerhalb der Exekutive.“ Wobei die Arbeit der Menschenrechtskommission sich natürlich nicht auf die Verhinderung und Vorbeugung rassistischer Übergriffe beschränkt – „Menschenrechte sind unteilbar“, betont Vauti.

Mag. Angelika Vauti – die Grazer „Afro“-Leiterin kümmert sich ab 1. Juli auch um die Einhaltung der Menschenrechte in Kärnten und der Steiermark

„Unsere Vorgangsweise ist strikt unparteiisch“
Was passiert, wenn die Kommission eine akute Menschenrechtsverletzung feststellt? „Natürlich können wir selbst nicht einschreiten, da wir kein Weisungsrecht gegenüber den Beamten haben; wir können den Verstoß nur raschestmöglich melden; reagieren müssen dann die jeweils vorgesetzten Dienststellen. In bestimmten Situationen wird aber, denke ich, unsere Anwesenheit präventiv gegen Verstöße wirken, etwa bei Razzien.“ Und: „Die Kommission ist nicht die Instanz, die ein Urteil spricht – unsere Vorgangsweise ist strikt unparteiisch.“ Die Zusammensetzung der Kommission – fünf ExpertInnen aus den Bereichen Verfassungsrecht, Strafrecht, Medizin, Psychologie und Sozialarbeit – soll gewährleisten, dass alle Aspekte – etwa auch der psychische Druck, der in bestimmten Ausnahmesituationen auf allen Beteiligten lastet – Beachtung finden und entsprechend gegengesteuert werden kann. „Wenn es an einem konkreten Ort immer wieder Probleme gibt, dann werden die ExpertInnen der Kommission auch geeignete Gegenmaßnahmen vorschlagen.“

„Nicht unrealistisch, aber optimistisch“
Noch sind die Mitglieder der Kommission für Steiermark und Kärnten nicht bestellt; es haben sich aber Dutzende hoch qualifizierte Personen beworben, darunter viele Frauen, wie Vauti – die selbst als einzige Frau für die Leitung einer der sechs Kommissionen bestellt wurde – erfreut feststellt: „Es gibt immer wieder Situationen, wo ausländische Frauen von Menschenrechtsverletzungen betroffen sind, da ist es ganz besonders wichtig, dass weibliche Ansprechpartnerinnen zur Verfügung stehen.“
Wie wirksam kann die Arbeit der Kommission unter den gegenwärtigen politischen Kräfteverhältnissen sein? Vauti: „Ich bin optimistisch, aber nicht unrealistisch; ich bin mir der Schwierigkeiten und Hürden, auf die wir bei unserer Tätigkeit stoßen werden, natürlich bewusst. Aber: Allein die Tatsachen, dass der Menschenrechtsbeirat in der Verfassung verankert wurde, dass die Kommissionen über ein Budget verfügen und deshalb auf professionelle Mitarbeiter zurückgreifen können, deutet doch darauf hin, dass es einen politischen Willen gibt, die Menschenrechtssituation in Österreich zu verbessern. Diese Chance gilt es zu ergreifen. Für mich, die ich aus einer NGO komme, ist es natürlich eine besondere Herausforderung, meine bisherigen Erfahrungen in diese Funktion einzubringen und ihr damit auch meine persönliche Handschrift zu geben.“

Das Gespräch führte Christian Stenner.
 


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