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Heeres-Spitzel:
Mehr Befugnisse als die Staatspolizei
Wenn Sie diese Zeitung aufschlagen, haben sich die österreichischen
Heeres-Spione aller Voraussicht nach bereits gegen Verfassungsexperten
und Datenschützer durchgesetzt: Das in der Vorwoche beschlossene Militärbefugnisgesetz
erlaubt den militärischen Geheimdiensten praktisch alles – im Extremfall
auch die Bespitzelung der eigenen Bürger im Auftrag ausländischer
Nachrichtendienste. Der renommierte Verfassungs- und Verwaltungsrechtler
Univ.-Prof.
Dr. Bernd-Christian Funk – der lange an der Grazer Universität
lehrte – nennt das Gesetz im KORSO-Gespräch schlicht „verfassungswidrig“.
Funk ist ein intimer Kenner der Materie: Immerhin war er Vorsitzender
jener Expertenkommission, die noch im Auftrag des letzten Verteidigungsministers
der SP-/VP-Koalitionsregierung mit der Überarbeitung des ursprünglichen
Gesetzesentwurfes betraut gewesen war. Offenbar gingen die Versuche der
Juristen, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren, schon damals zu weit. Funk:
„Nach einigen Monaten hieß es, wir sollten unsere Arbeit beenden,
man wolle das Gesetz noch vor Ende der Legislaturperiode beschließen.“
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Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk:
"Militärbefugnisgesetz erlaubt den Heeresnachrichtendiensten,
in alle Bereiche des Privatlebens einzugreifen. |
Der Bericht der Kommission, der einiges an Kritik enthielt, wurde schubladisiert;
auf Anfragen von Journalisten im Verteidigungsministerium leugnete man,
so Funk, sogar seine Existenz.
„Innere geheime Staatspolizei“
Wo stößt der Wissensdurst der Heeres-Spione an die Grenzen
der österreichischen Verfassung ? Funk: „Im Artikel 79 der Bundesverfassung
sind die Aufgaben des Bundesheeres genau beschrieben: Grenzschutz, Eigensicherung,
Auslandsaufklärung. Eine innere geheime Staatspolizei, wie sie dieses
Gesetz ermöglicht, ist da nicht vorgesehen. Auch aus historischen
Gründen sieht die Verfassung die Einbindung des Bundesheer unter
eine zivile Gewalte vor.“
Schon allein der Verdacht des Heeresnachrichtendienstes, dass jemand
einen ausländischen Geheimdienst unterstützt oder „einen Angriff
auf Rechtsgüter des Heeres“ plant, reicht aus, die Überwachungsmaschinerie
in Gang zu setzen und, so Funk, „in alle Bereiche des Privatlebens einzugreifen.
Damit erhält der militärische Abwehrdienst weit reichende Befugnisse,
die alle Personengruppen betreffen.“ Dabei kann ungehemmt gelauscht und
gespäht werden – im Gegensatz zu ihren Kollegen von der Staatspolizei
benötigen die Heeres-Nachrichtendienstler nämlich keine richterliche
Genehmigung für die Installation von Wanzen in Wohnzimmern.
Ministeriell angeordnete Urkundenfälschung
Wenn die Herren von den Heeresnachrichtendiensten mal mit ihrem Latein
am Ende sind, können sie sich vertrauensvoll an die öffentliche
Verwaltung wenden. Beamte und Funktionsträger sind verpflichtet, ihnen
ausnahmslos alle gewünschten Auskünfte zu erteilen – also: Krankenhäuser
über Patienten, Kammern über ihre Mitglieder, die Sozialversicherung
über die Versicherten. Ebenso können Verwaltungsbehörden,
aber auch Bürgermeister vom Verteidigungsminister dazu angehalten
werden, gefälschte Führerscheine, Pässe und Geburtsurkunden
für seine Agenten herzustellen.
Spionieren für NATO und CIA?
Da die Spitzel des Verteidigungsministeriums im Gegensatz zu den übrigen
Sicherheitsbehörden ihre Lauschopfer auch im Nachhinein nicht von
der Observation benachrichtigen müssen, bleibt immer im Dunkeln, welche
Erkenntnisse die Ermittler über die überwachte Person gewonnen
haben und ob die Ermittlungen durch ein reales Verdachtsmoment begündet
waren – oder ob jemand durch Zufälle, Fehlinformationen oder gar wegen
seiner politischen Ansichten ins Netz der Heeres-Schnüffler geraten
ist. Damit ist auch der weitere Weg der erhobenen Daten nicht nachvollziehbar:
Sie könnten (gemäß Militärberfugnisgesetz völlig
legal) an „befreundete“ ausländische Nachrichtendienste weitergegeben
worden sein …
Nach dem Beschluss im Nationalrat bleibt den beiden Oppositionsparteien,
die das Gesetz scharf kritisieren, nur mehr der Gang zum Verfassungsgerichtshof.
Zumindest die SPÖ hat diesen Schritt bereits angekündigt. Wie
schätzt der Verfassungsexperte Funk die Chancen eiere Aufhebung ein?
„ Eine Prognose ist schwer möglich, ich denke aber, dass es dem Gerichtshof
sehr schwer fallen dürfte, an den verfassungswidrigen Aspekten vorbeizusehen.“
Joachim Hainzl, Christian Stenner |
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