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Das eine & das
andere Davos
Am 28. Jänner ging das diesjährige Treffen des World Economic
Forum (WEF) in Davos zu Ende. Für die Organisatoren war es wohl ein
Ende mit Schrecken, da sie mit massiver Kritik konfrontiert wurden und
die Legitimation der Veranstaltung in Frage gestellt zu sein scheint.
Das WEF wurde vor 30 Jahren vom Ökonomen Klaus Schwab als Seminar
für die Topmanager der europäischen Konzerne gegründet,
um „eine kohärente Strategie für das europäische Business
zu diskutieren“. In den folgenden Jahren mauserte sich das WEF zu einer
der zentralen Institutionen im globalen politischen System: So nahm etwa
der US-amerikanische Präsident Bill Clinton am letztjährigen
Treffen teil. Das WEF fand seine Rolle vor allem darin die „global leaders“
(wie sie sich selbst bezeichnen) aus Wirtschaft, Politik, Medien und Wissenschaft
an einem Ort zusammenzubringen, etwa die Spitzenmanager von Shell mit dem
mexikanischen Präsidenten Vincente Fox. Das WEF ist jedoch im Unterschied
zu den durch internationale Verträge abgesicherten Institutionen WTO,
IWF oder Weltbank nur eine private Stiftung. In Davos werden also keine
Beschlüsse gefällt, aber wichtige Vorhaben diskutiert und vorbereitet.
Die Diskussion der Globalisierungs-Strategen
Dieses Jahr konzentrierte man sich vor allem darauf Weichenstellungen
im Bereich der Informationstechnologie und Biotechnologie zu setzen – und
man beschäftigte sich intensiv mit der Frage, wie der Konzern des
21. Jahrhunderts auszusehen hat. Wie jedes Jahr wurde auch dieses Mal der
Analyse der Weltwirtschaftslage und der Diskussion um Strategien zur verstärkten
Globalisierung viel Platz eingeräumt. Ein Thema, das sich geradezu
aufdrängte, war daneben noch die Situation der so genannten „new economy“.
Neben dieser inhaltlichen Schwerpunktsetzung verfolgte das WEF dieses
Jahr auch das Ziel, Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) einzubinden,
um damit die Kritik am WEF selbst und den Stillstand auf internationaler
Ebene, der durch die Proteste gegen die WTO in Seattle oder die IWF/Weltbank-Tagung
in Prag eingetreten war, zu überwinden. Gerade in diesem Punkt ist
das diesjährige Treffen gescheitert. Abgesehen von Greenpeace und
dem WWF mieden die meisten NGO’s den Nobelschiort, um sich statt dessen
im brasilianischen Porto Allegre zum World Social Forum zu treffen, in
Zürich den Kongress „Das andere Davos“ zu bestreiten – oder auch auf
der Straße zu versuchen die Tagung des WEF zu verhindern.
n „Politische Gegenreform“
Den KritikerInnen war es gelungen die mediale Öffentlichkeit in
einem beträchtlichen Ausmaß mitzugestalten. Während in
Davos von den Vorteilen gesprochen wurde, die die Globalisierung allen
bringen würde, fand der Ökonom Jörg Huffschmied, der auch
am Kongress „Das andere Davos“ referierte, mit seiner Analyse mehr Gehör:
„Globalisierung ist vor allem die Art und Weise, wie mit dieser ökonomischen
Internationalisierung politisch umgegangen wird, wie sie gestaltet wird“
– und diese Art und Weise lässt sich seiner Meinung nach charakterisieren
als „das Projekt einer großen politischen Gegenreform, gegen alles
das, was es an demokratischen, sozialen und politischen Errungenschaften
in den letzten 50 oder 100 Jahren gegeben hat.“
Aus für WEF-Meetings?
Tausende Menschen versuchten in diesen Tagen auch auf der Straße
präsent zu sein, was jedoch einigermaßen schwierig war. Die
Demonstration in Davos wurde dieses Jahr abermals vom Landtag untersagt,
obwohl dieses Vorgehen bereits im Vorjahr vom Schweizer Bundesgericht kritisiert
wurde. Die Schweizer Behörden versuchten alles in ihrer Macht Stehende
zu tun, um Proteste zu verhindern. Tagelang glich Davos einer Festung.
An den Zufahrtsstraßen wurden Straßensperren errichtet, in
den Zügen und schon an der Grenze wurden rigorose Kontrollen durchgeführt.
Am Tag der angekündigten Demonstration wurde der Zugverkehr überhaupt
eingestellt. Für Reisende nach Davos war in Landquart, rund 40 Kilometer
vorher, Endstation. Die Schweiz erlebte mit über 1.500 mobilisierten
PolizistInnen und Soldaten den größten Polizeieinsatz ihrer
Geschichte. Dieses massive Aufgebot und auch das überzogene Vorgehen
der Polizei bei trotzdem stattfindenden Demonstrationen und Blockaden wurde
in der Schweizer Öffentlichkeit heftig kritisiert, und es scheint
ungewiss, wie und in welcher Form das WEF-Treffen im nächsten Jahr
wieder stattfinden kann. Trotz untersagter Demonstration in Davos also
ein weiterer Erfolg der „global resistance community“?
Links:
Leo Kühberger besuchte als Mitarbeiter des Grazer „Radio Helsinki“
den Kongress
„Das andere Davos“ in Zürich |