06 / 2001
  Österreichs Asylgesetz am Prüfstand

„Der niederösterreichischen Exekutive ist ein entscheidender Schlag gegen den Menschenschmuggel gelungen. Nach monatelangen Ermittlungen konnte jetzt eine Schlepperbande mit rund 50 Mitgliedern ausgeforscht werden. Sie sollen von der Slowakei aus mehrere tausend Flüchtlinge – vornehmlich Afghanen und Iraker – nach Österreich und in andere EU-Länder geschmuggelt haben. Umsatz der Schlepperbande: 250 Mio S.” So lautet die ORF-Teletext Seite 102 am 23.5.2001. „Wo bleiben, außer dass in einem Nebensatz vage die Nationalität der Flüchtlinge erwähnt wird, nähere Angeben über Schicksal, Herkunft, Geschlecht, Fluchtgründe etc. der Betroffenen?” Diese Frage stellte Anny Knapp von der Asylkoordination Österreich und Projektleiterin der Studie „Asylsuchende an der EU-Außengrenze. Österreichs neues Asylgesetz 1997 am Prüfstand” bei einer Tagung, die der Grazer Verein ZEBRA anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Genfer Flüchtlingskonvention im Mai veranstaltete.
 

Wolfgang Gulis (Verein ZEBRA) und Anny Knapp (Asylkoordination Österreich) befürchten, dass der Schutz vor Verfolgung zu einem Gnadenrecht verkommen könnte

Auch in der österreichischen Asylgesetzgebung stehen, so Knapp, wie in vielen Ländern der EU die Abschottung und Abgrenzung gegenüber Asylsuchenden und nicht die Hilfe für Verfolgte im Vordergrund. So gibt es beim Zugang zum Asylverfahren zwei besondere Barrieren: die Schubhaft und die Zulässigkeitsprüfung. Nach den Richtlinien der UNHCR (Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge) ist die Anwendung von Haft bei Asylsuchenden unerwünscht, Asylsuche darf nicht als Straftat angesehen werden. Schubhaft ist laut diesen Richtlinien nur ausnahmsweise und kurz zu verhängen, wenn z.B. die Identität zu überprüfen ist. Die österreichische Praxis weicht davon ab, sie wendet die Schubhaft unter generalpräventiven und nicht unter individuellen Aspekten an. Knapp: „Die österreichische Gesetzgebung, aber auch die restriktive Gesetzesauslegung dienen der Abwehr von Flüchtlingen, es steht zu befürchten, dass der Schutz vor Verfolgung in Zukunft immer mehr zu einem Gnadenrecht verkommen könnte.”

Nähere Informationen: 
ZEBRA – Zentrum zur sozialmedizinischen, rechtlichen und kulturellen Betreuung von Ausländern und Ausländerinnen in Österreich, 
8010 Graz, Pestalozzistr. 59/II, Tel.: 0316/835630, Fax: 8316/835630-33,
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