KORSO-Veranstaltung zur Vermögensverteilung:
Von der Arbeits- zur Vermögensgesellschaft?

In den rund 40 Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg haben die Österreicher ein gewaltiges Geldvermögen akkumuliert. Nahezu 4000 Milliarden Schilling beträgt der Wert der Bankguthaben, Wertpapierdepots, Bausparverträge und Lebensversicherungen – mehr als das jährliche Einkommen der Bevölkerung. Sind wir auf dem Weg von der Arbeitsgesellschaft in die Vermögensgesellschaft? Gerechter als die Arbeitsgesellschaft wird eine Vermögensgesellschaft jedenfalls nicht sein. Vermögen sind noch wesentlich ungleicher verteilt als die Einkommen.

Auf Einladung von KORSO und der Grünen Akademie referierte Dr. Peter Mooslechner von der Österreichischen Nationalbank über die Vermögensverteilung in Österreich vor zahlreichen und interessierten ZuhörerInnen in der Universität Graz.
Seine Analyse: Die Verteilung der Vermögen ist noch wesentlich ungleicher als die Verteilung des laufenden Einkommens. So verfügen die 3% der einkommensstärksten Haushalte über 15% des Geldvermögens – ein Trend, der sich in Zukunft durch eine Welle von Erbschaften noch verstärken wird.

ÖNB-Ökonom Dr. Peter Mooslechner:
„Vermögen sind noch wesentlich ungleicher verteilt als Einkommen“

„Vermögenssteuer wäre bei besserer Information nicht abgeschafft worden“
Es ist eine noch offene Frage, wie Gesellschaften mit derart hohen, aber derart schief verteilten Ressourcen sich weiter entwickeln werden. Die Politik hat diesen Tatbestand noch nicht zur Kenntnis genommen. Vor allem weil, so der Ökonom, verlässliche Informationen fast gänzlich fehlen. Dr. Mooslechner: „Hätte man das Ausmaß der Ungleichverteilung der österreichischen Geldvermögen gekannt, wäre die Vermögenssteuer nicht abgeschafft worden“.
Aus ihrer persönlichen Vermögenssituation machen die Österreicher gerne ein Geheimnis – und zwar sowohl reiche Bürger als auch arme: Die einen, weil ihnen großer Reichtum peinlich zu sein scheint, die anderen, weil sie sich für ihre Armut genieren. Befragungen können daher nur einen groben Anhaltspunkt für die tatsächliche Vermögensverteilung liefern.
Genauere und verlässlichere Analysen der persönlichen Vermögenssituation würden einen komplexen Datenverbund zwischen Geldinstituten, Finanzamt, Sozialversicherungsträgern, Versicherungen und anderen Institutionen erfordern und einen Schritt in Richtung des „gläsernen Menschen“ bedeuten.
Das Material zu Dr. Mooslechners Aussagen stammt von einer Studie im Auftrag einer großen österreichischen Bank und ist beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung zu beziehen. gcn

Mooslechner P.,
Die Geldvermögensposition privater Haushalte in Österreich.
Studie des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO) im Auftrag der Bank Austria (Wien 1997)