Steirische Telefitness muss erst errungen werden

Ein Pilotprojekt von „Jugend am Werk“, mit dem eigentlich Behinderte auf Telearbeitsplätzen untergebracht werden sollten, erbrachte überraschende Kollateral-Ergebnisse: Trotz PR-Offensiven, so zeigte sich, haben die SteirerInnen kaum Interesse an neuen Arbeitsformen und auch wenig Ahnung von den Möglichkeiten der neuen Kommunikationstechnologien.

Telearbeit – also Tätigkeiten, die fernab vom Unternehmenssitz mit Hilfe moderner Telekommunikationstechnologien erledigt werden – wird von vielen mit Misstrauen betrachtet: Die rechtliche Absicherung ist oft unklar, die sozialen und betrieblichen Kontakte der betroffenen ArbeitnehmerInnen ebenso gering wie die Aufstiegschancen. Aber: Für Menschen mit geringer Mobilität, also im Besonderen für Behinderte, könnte Telearbeit eine wichtige Chance für die Integration in den Arbeitsmarkt darstellen. Die Arbeit mit dem Computer stellt zudem einen wichtigen Emanzipationsfaktor dar: Dank verschiedenster technischer Ein- und Ausgabehilfen werden Menschen mit Behinderung in die Lage versetzt, eine Vielzahl von Tätigkeiten zu verrichten, die für sie in der Zeit vor der mikroelektronischen Revolution völlig undenkbar gewesen wären.
Bereits 1997 startete „Jugend am Werk“ unter der Leitung von Mag. Alfred Hausegger im Auftrag von Soziallandesrätin Dr. Anna Rieder ein Pilotprojekt „Telearbeit für Menschen mit Behinderung“ mit zwei Zielen: Herauszufinden, wie der Bedarf an Telearbeit sich in der Steiermark entwickelt, und Menschen mit Behinderung eine solide EDV-Grundausbildung für diesen Anforderungsbereich zu vermitteln.
„Das zweite Ziel konnte 100%ig erreicht werden“, berichtet Hausegger. „Keiner der 18 Teilnehmer hat die Kursmaßnahme abgebrochen, und fast alle haben sie mit dem international anerkannten PC-User-Zertifikat abgeschlossen.“ Die Hälfte der TeilnehmerInnen konnte auch dank der neuen Kenntnisse einen Job finden – allerdings handelt es sich dabei um klassische Sekretariatsarbeiten vor Ort.

Die Hälfte der SteierInnen weiß nicht, was das ist.

„Kein Bedarf“
Was die Chancen für einen Berufseinstieg als TelearbeiterInnen betrifft, dürfen sich die Betroffenen zur Zeit aber nur wenig Hoffnung machen: Österreich ist in der EU das absolute Schlusslicht bei den Telearbeitsplätzen. Gerade 0,25% der Beschäftigten verrichten ihre berufliche Tätigkeit in dieser Form – beim EU-Spitzenreiter Schweden sind es immerhin 3,77%. Entsprechend niedrig ist auch der Wissensstand der steirischen Unternehmen, was den gesamten Themenkomplex betrifft. Die AutorInnen der projektbegleitenden Studie „Telearbeit für Menschen mit Behinderung“ mussten feststellen, dass 31% der steirischen Betriebe, die eine entsprechende Umfrage beantworteten, mit dem Begriff „Telearbeit“ gar nichts anfangen können und 48% nur „grob“ am Thema interessiert sind. „Kein Bedarf“, „Die Kosten für einen Telearbeitsplatz sind zu hoch“ (in Wirklichkeit sind sie geringer als für einen normalen Arbeitsplatz), „Wir sind ein zu kleiner Betrieb“ – das waren häufige Antworten. Oft wird Telearbeit auch fälschlich als eigenes Berufsfeld und nicht als Arbeitsform begriffen – ein weiterer Hinweis darauf, dass sich auch größere Betriebe (befragt wurden nur Unternehmen ab einem Umsatz von zumindest 5 Mio Schilling im Jahr) wenig mit neuen Arbeitsformen und den Möglichkeiten beschäftigen, die durch die Kommunikationstechnologien geboten werden.

Ernüchternde Bilanz
Dementsprechend wenig ermutigend ist das Fazit Hauseggers: „Letztendlich fällt die Bilanz ernüchternd aus; dennoch war es wichtig, diese Erfahrung zu machen.“ In absehbarer Zeit ist daher auch keine Fortsetzung der Kursmaßnahmen geplant. Als zweifellos interessantes Ergebnis ist die umfangreiche Begleitstudie zu werten, die bei Jugend am Werk, Sporgasse 11/II, 8010 Graz gegen einen Unkostenbeitrag bezogen werden kann: Sie zeichnet ein realistisches Bild von der (Un)Wirksamkeit diverser PR-Offensiven, mit denen die steirischen Betriebe „telefit“ gemacht werden sollten. Der Lichtblick: Immerhin 90 Prozent der SteirerInnen haben schon einmal etwas vom Internet gehört. Aber, so mussten die AutorInnen feststellen: „Die Hälfte hat nicht einmal eine vage Vorstellung von Begriffen wie Telekommunikation, Modem oder Telearbeit.“ cs