AMS Steiermark und FH Joanneum weisen
neue Wege in der MitarbeiterInnen-Qualifikation:

INVAR – Arbeitsplatzintegriertes Lernen

In kleineren und mittleren Unternehmen mangelt es oft an personellen und materiellen Kapazitäten zur Bewältigung des technologischen Wandels im EDV-Bereich. Ein zunächst geringer Rückstand auf die Mitbewerber kann dann rasch uneinholbar werden. Neue Strategien zur Reorganisation der Arbeit nach den neuen Erfordernissen und zur gleichzeitigen Qualifizierung der MitarbeiterInnen wurden vom Fachhochschulstudiengang Industriewirtschaft der FH Joanneum mit finanzieller Unterstützung durch das Arbeitsmarktservice Steiermark und den Europäischen Sozialfonds entwickelt – und erfolgreich in der Praxis erprobt.

14 steirische Unternehmen nehmen am Pilotprojekt INVAR (Innovative Arbeitsreorganisation) teil, und das Ergebnis ist eindeutig positiv. So betont etwa Thomas Messner von der Kapfenberger Firma MEWO: „Die Motivation der Mitarbeiter ist spürbar gestiegen, und das wird sich in der Bilanz der nächsten Jahre sicher positiv auswirken“, und Reinhard Tauder, Geschäftsführer des Grazer Unternehmens „Idee und Werk“, sieht „die Eigenverantwortung im Unternehmen gestärkt.“

Projektleiterin FH-Prof. DI Dr. Karin Grasenick:
„Probleme bei der Einführung neuer Technologien sind selten rein technischer Natur.”

Statt Reißbrett-Strategien …
Die Ausgangssituation war jene vieler steirischer Unternehmen: „Bei einigen der beteiligten Firmen herrschten große Wissensdefizite im EDV-Bereich, teilweise gab’s weder Internet-Anschluss noch E-Mail, bei vielen Unternehmen gab’s kein Netzwerk, und nur wenige Features der vorhandenen Software wurden genutzt“, berichtet die INVAR-Projektleiterin, Fachhochschulprofessorin DI Dr. Karin Grasenick. „Für viele kleinere Betriebe gehört der Umgang mit der EDV einfach nicht zu den Kernkompetenzen, die Auswahl der richtigen Hard- und Software ist daher ebenso schwierig wie die Selektion passender Schulungsangebote.“

Technologie-Geschenke sind in dieser Situation ebenso wenig hilfreich wie externe BeraterInnen, die ein Entwicklungskonzept am Reißbrett entwerfen und überforderte MitarbeiterInnen damit konfrontieren. Grasenick: „Die Probleme bei der Einführung oder Optimierung neuer Technologien sind selten rein technischer Natur; oft waren wir mit tief sitzenden Ängsten oder Unsicherheiten nicht nur von Seiten der Beschäftigten, sondern auch der Führungskräfte konfrontiert.“

…Lernen im Team
Die FH-ExpertInnen unterstützten die teilnehmenden Firmen bei der Implementierung von Branchensoftware, sie planten mit ihnen Internet-Anschlüsse und den Ankauf von Hardware, vermittelten Knowhow für die Moderation von Sitzungen, entwarfen Schulungscurricula und Checklisten und halfen dabei, Finanzbuchhaltungsprogramme auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Das Besondere daran: Alle Schritte wurden in Teams gemeinsam mit den betroffenen MitarbeiterInnen – insgesamt etwa 70 Personen – erarbeitet. Denn die FH-ExpertInnen gingen bei ihrer Tätigkeit davon aus, dass in den Betrieben selbst das Potenzial für Veränderungen vorhanden ist. Grasenick: „Jedes lernende Team umfasst sechs bis acht Personen aus den verschiedenen Unternehmensebenen, die sich alle drei bis vier Wochen treffen – das Wissen der Beschäftigten um die betriebsinternen Abläufe ist von unschätzbarem Wert.“ Das Ergebnis: eine signifikante Erhöhung der Problemlösungskompetenz im Unternehmen durch eine gezielte Qualifizierung der MitarbeiterInnen.

AMS-Vize Dr. Helfried Faschingbauer:
„Letztlich machen nur Qualifikationsziele Sinn, die den Entwicklungsaufgaben der Unternehmen entsprechen.”

Qualifikation heißt Einbindung in die Organisationsentwicklung
Das Maßschneidern von Qualifikation im betrieblichen Umfeld – das „arbeitsplatzintegrierte Lernen“ – entspricht auch den Zielvorstellungen der EU; das Arbeitsmarktservice Steiermark hat daher das Projekt INVAR aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. AMS-Vize Dr. Helfried Faschingbauer: „Letztlich machen ja nur Ausbildungsmaßnahmen Sinn, bei denen die Betriebe integriert sind und die Qualifikationsziele den Entwicklungsaufgaben entsprechen, die in den Unternehmen auftreten. Es geht dabei ja viel weniger um den Erwerb individueller Kompetenzen als um die Einbindung der MitarbeiterInnen in die Organisationsentwicklung.“
Das neue EU-Ziel 3 („Entwicklung von Humanressourcen“) beinhaltet einen Schwerpunkt „Flexibilität am Arbeitsmarkt“. Aus diesem Titel wird die Steiermark in den nächsten fünf Jahren jährlich 25 Mio Schilling erhalten. Faschingbauer: „Mit diesen Mitteln werden Projekte gefördert werden, die ähnlich wie INVAR Beschäftigung sichern, indem sie das Organisationslernen fördern und Qualifikationsmaßnahmen vor Ort umsetzen.“ Das AMS Steiermark sei dabei in der glücklichen Lage, auf hervorragende fachliche Unterstützung zurückgreifen zu können – wie im konkreten Fall auf jene der Fachhochschulen, aber etwa auch auf jene des BAB (Büro für Arbeit und Beschäftigung).

Auftrag des Technologietransfers erfüllt
Unabhängig voneinander bilanzieren Grasenick und Faschingbauer das Projekt INVAR, das im März 2000 ausläuft, „äußerst positiv“. Sowohl Unternehmensleitungen als auch MitarbeiterInnen seien mit den Ergebnissen sehr zufrieden. Mag. Martin Pöllinger, Direktor der FH Joanneum: „Zum Auftrag der FH gehört auch Technologietransfer zwischen unseren Studiengängen und den steirischen Unternehmen, der messbare Ergebnisse für die Firmen bringt. Dieser Auftrag wird im Projekt INVAR durch den Studiengang und das Transferzentrum „Industriewirtschaft“ in Kapfenberg vorbildhaft erfüllt.“ cs