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KORSO verlost in Kooperation mit der Neuen
Galerie monatlich 5 x 2 Eintrittskarten für die Ausstellung beim Kulturquiz
und bringt in den nächsten Ausgaben Kurzdarstellungen der Biographien
von einigen der ausgestellten KünstlerInnen.
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Franz Schacherl (1895 – 1943)
Die Kultur der Sachlichkeit,
Reinlichkeit und Klarheit“ |
Der aus einer jüdischen sozialdemokratischen
Familie stammende Schacherl – sein Vater, der Arzt Michael Schacherl, war
Reichsrats-, später Nationalratsabgeordneter und Chefredakteur des
steirischen „Arbeiterwillen“ – studierte in Graz Architektur und begann
seine Architektenkarriere als Planer von Selbsthilfe-Siedlungsanlagen in
Wien. 1924 entsteht die „Schutzbund-Siedlung“ in Knittelfeld mit ca. 24
Häusern nach seinen Plänen. Für den Mentor der österreichischen
Architektur-Kritik, Friedrich Achleitner, zeigt sie „in überzeugender
Weise, wie mit bescheidenen Mitteln städtebauliche Qualitäten
erzeugt werden können.“ Als Architekt des „Verbandes der Siedler,
Kleingärtner und Kleintierzüchter“ plante Schacherl gemeinsam
mit Franz Schuster eine Reihe von Arbeitersiedlungen in Wien mit
jeweils weit über 100 Häusern. Insgesamt entstanden moderne Siedlungsbauten
mit zusammen 1200 Häusern, Volkswohnbauten, Kinderheime, Genossenschaftshäuser
und Arbeiterheime nach den Plänen Franz Schacherls.
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Siedlung Laabergerstraße 168-202, Wien (1927) |
Gegen den „Hochhausbau“
Schuster und Schacherl stehen mit ihrem Engagement
für die „Gartenstadt“ in Opposition zu den Hauptströmungen der
Wohnbaupolitik des „Roten Wien“, die sich in beeindruckenden Großbauten
wie dem Karl-Marx-Hof manifestiert. Sie wenden sich gegen die Monumentalität
und den Pathos der „Volkswohnpaläste“ ebenso wie gegen verlogene Romantik
und Spießbürgertum in der Arbeiterbewegung.
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Schutzbundsiedlung Knittelfeld (1924) |
In einem Artikel für das theoretische Organ
der Sozialdemokratie, den „Kampf“, schreiben sie: „Der große Organisator,
der Gewerkschaftsführer, der Politiker, der organisierte Arbeiter
… hat in seiner Wohnung den verlogensten, unbrauchbarsten und überflüssigsten
Kleinkram der kleinbürgerlichen Welt …Die proletarische Wohnung wird
eine eigene Form bekommen, einen eigenen Stil und eine eigene Kultur. Die
Kultur der Sachlichkeit, der Reinlichkeit und der Klarheit …“
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Sesseltyp für Siedlungsbauten |
Kurzfristig gibt Schacherl gemeinsam mit Schuster
die Zeitschrift „Der Aufbau – Österreichische Monatshefte für
Siedlung und Städtebau“ heraus, deren erklärtes Ziel es ist,
für einen neuen Impuls in Richtung „Gartenstadt“ zu wirken und den
„Hochhausbau“ (damit sind auch die gigantomanischen Wiener Arbeiterwohnblöcke
gemeint) zu beenden.
„Für einen höheren, unhistorischen
Klassizismus“
Mit der Ausschaltung des Parlaments 1933 durch
Dollfuß und dem 1934 folgenden Verbot der Sozialdemokratie bleiben
auch die Aufträge für Schacherl aus, zunächst kann er sich
noch durch Kurse an Wiener Volkshochschulen, dann nur mehr durch kunstgewerbliche
Tätigkeiten über Wasser halten. In dieser Zeit der „inneren Emigration“
entsteht das „Hausbuch“, ein künstlerisch gestaltetes Gästebuch,
das zwischen 1934 und 1937 private und politische Ereignisse dokumentiert
und zu dem zahlreiche KünstlerInnen aus dem Freundeskreis Schacherls
Beiträge geliefert haben.
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Collage zum Februaraufstand im "Hausbuch" (1934) |
1937 und 1938 nimmt Schacherl am Redaktionskollektiv
des „Plan“ teil, einer avantgardistischen und antifaschistischen Zeitschrift
für Kunst und Kultur, die vor dem „Anschluss“ erstmals erschien, dann
verboten wurde und nach ihrem Wiedererscheinen nach dem Krieg legendären
Ruf erlangte. In der ersten Ausgabe veröffentlicht Schacherl einen
programmatischen Beitrag „Über zukünftiges Bauen“: Darin tritt
er für „eine neue Formsynthese, einen höheren, unhistorischen
Klassizismus“ ein.
Tod in Afrika
Schon am 17. März 1938 flüchtet Schacherl
nach Paris, nachdem die Gestapo sein Atelier am Reumannplatz durchsucht
hat. Über Vermittlung der Pariser Rothschilds gelangt er mit seiner
Familie nach Angola, wo er für die portugiesische Regierung Spitäler
und Regierungsgebäude errichten soll. In der lokalen Presse wird er
zwar mit Vorschusslorbeeren bedacht – aber für die Projekte ist, so
stellt sich bald heraus, kein Geld vorhanden. Im Mai 1943 erliegt seine
Tochter Magda wegen mangelnder medizinischer Hilfe den Folgen eines Blinddarmdurchbruchs;
am 28. Oktober desselben Jahres stirbt Franz Schacherl in Luanda während
einer Operation wegen eines durchgebrochenen Magengeschwüres.
Der vorliegende Artikel folgt dem Beitrag Günter Eisenhuts im
Ausstellungsband Moderne in dunkler Zeit. Widerstand, Verfolgung und Exil
steirischer Künstlerinnen und Künstler 1933-1948. Hrsg. Von Peter
Weibel und Günter Eisenhut. Mit Beiträgen von Gerhard Botz, Gertrude
Celedin, Günter Eisenhut, Antje Grancy, Heimo Halbrainer, Günther
Holler-Schuster, Peter Weibel, Jan Tabor u.a. ISBN 3-85420-564-3. Graz:
Droschl 2001, ca. 650 Seiten, 850 Abb., öS 490,-.
Dauer der Ausstellung: 24. März - 30. Juni 2001
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr
Enormes Publikumsinteresse bei der Ausstellung „Moderne
in dunkler Zeit“: Mehrere hundert Personen drängten sich in den Räumlichkeiten
der Neuen Galerie, um bei der Eröffnung der ersten Schau über
die verfemte steirische Avantgarde der Zwischenkriegszeit dabeizusein.
Leiter des Forschungsprojektes: Peter Weibel
Idee, Recherche: Günter Eisenhut
Kurator: Günther Holler-Schuster
Ausstellungsarchitektur: Erika Thümmel
Plakatsujet: Karl Wiener, „Collage“, 1941 (Historisches Museum
der Stadt Wien)
Eintrittspreise: Erwachsene: ATS 60.–; Senioren / StudentInnen
/ Schülerinnen / Lehrlinge / Behinderte / Präsenz- und Zivildiener:
ATS 40.–;
Familienkarte (2 Erw. und Kinder bis 15 Jahre): ATS 100.–; Gruppenkarte
(ab 7 Pers.): ATS 40.– pro Person; Schulklasse (pro SchülerIn): ATS
10.–; Führungskarte: ATS 20.–
Kunstvermittlung: Erlebnisorientierte Führungen für
Schulklassen mit Gewinnspiel
Führungen: So 11 Uhr, Do 18 Uhr und gegen Voranmeldung
Voranmeldung für Gruppen unbedingt erforderlich! Tel. 0316-82
91 55-93 11 (Christian Krump)
Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum
8010 Graz, Sackstraße 16,
Tel. 0316-82 91 55, Fax 0316-81 54 01
e-Mail: post@neuegalerie.stmk.gv.at
Web: http://www.neuegalerie.at |
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