11 / 2000
  Neu in Graz: Zentrum für jüdische Studien

Seit April 2000 existiert in Graz, eingebunden in die Karl-Franzens-Universität, das David-Herzog-Centrum (DHC) für Jüdische Studien. Über seine vielfältigen Inhalte und Aktivitäten sprach KORSO mit dem Leiter des Zentrums, Dr. Klaus Hödl.
 

Dr. Klaus Hödl, Leiter des Grazer 
David-Herzog-Centrums für Jüdische Studien

KORSO: Das Grazer David-Herzog-Centrum hat nun vor knapp einem halben Jahr seine Arbeit aufgenommen. Was waren die Beweggründe, ein solches Studienzentrum zu initiieren?
Hödl: Das Vorhaben entsprang der Notwendigkeit, den vielgestaltigen Aktivitäten zum Thema Judentum auf Hochschulebene einen Rahmen zu geben, um die zu erwartenden Synergieeffekte für die universitäre Lehre und Forschung zu nützen. Unterstützt wurden die jahrelangen Bemühungen vom Rektor der Karl-Franzens-Universität, dem geisteswissenschaftlichen Dekan sowie dem Kuratorium des „David-Herzog-Fonds“ der Universität Graz.

KORSO: Gibt es in Österreich vergleichbare Einrichtungen?
Hödl: Nein, das David-Herzog-Centrum ist einmalig in Österreich. Zwar existiert in St. Pölten das Institut für jüdische Forschung, dieses beschränkt sich in seiner Thematik jedoch auf den österreichischen Raum. Das DHC versteht sich als Einrichtung zur Erforschung und Lehre der jüdischen Geschichte und Kultur. Für uns ist dabei neben der regionalen steirischen Dimension des Themas gerade die Auseinandersetzung mit dessen internationalen Aspekten äußerst wichtig.
 
KORSO: Welche Themen werden hier bevorzugt?
Hödl: Es geht vorrangig um die Geschichte der Juden Israels und der USA. Dazu sollen bereits bestehende Kontakte zu Universitäten mit einem „Jewish Studies“-Programm in Israel und den USA vertieft und erweitert werden. Ziel ist ein verstärkter Austausch von Studierenden und Lehrenden sowie die Einbindung des DHC in internationale Projekte.

KORSO: Mit welchen regionalen Themen beschäftigt man sich im DHC?
Hödl: Derzeit werden zwei eigenständige Forschungsvorhaben zu dieser bisher vernachlässigten Thematik durchgeführt. Während in einem die Geschichte der Juden in Graz aufgearbeitet werden soll, beschäftigt sich ein zweites mit deren historischen Spuren in der steirischen Provinz. 
 

Das Centrum widmet sich internationalen und regionalen Themen zur Geschichte des Judentums. Im Bild das kaiserliche Edikt aus dem Jahr 1496, mit welchem die Juden aus der Steiermark vertrieben wurden.

KORSO: Das David-Herzog-Centrum ist ja auch im Publikationsbereich sehr rege.
Hödl: Ja, noch im November erscheint erstmals unsere Zeitschrift „transversal“, die in Zukunft zwei Mal jährlich in deutscher und englischer Sprache erscheinen wird. Für alle, die sich jetzt für ein Abonnement entschließen, gibt es übrigens dieses erste Sonderheft gratis zu einem Abo für das Jahr 2001. Daneben gibt es auch eine eigene Reihe mit autobiografischen Texten sowie eine Abteilung von Sammelbänden und Monografien. Brandaktuell ist der im Studienverlag mit internationalen Beiträgen herausgegebene Sammelband „Jüdische Identitäten. Zur Erinnerungslandschaft der österreichischen Juden“, der erst seit einigen Tagen im Buchhandel erhältlich ist.

KORSO: Welche weiteren Aktivitäten sind für die Zukunft noch geplant?
Hödl: Das DHC will das bestehende Lehrangebot an der Karl-Franzens-Universität nicht nur koordinieren und ausbauen, sondern die Lehre zu jüdischen Themen qualitativ so weit verbessern, dass es interessierten Studierenden möglich ist, ihr Studium auf dem Gebiet der jüdischen Geschichte und Kultur zu vertiefen. Ein mittelfristiges Ziel stellt die Einrichtung eines eigenen Studienganges dar, in dem auch Diplomarbeiten und Dissertationen verfasst werden können. Neben einer internationalen Konferenz im kommenden Jahr streben wir daher eine Gastprofessur an.

KORSO: Wann könnte es eine solche in Graz geben?
Hödl: Es gibt bereits Verhandlungen mit dem Ministerium. Einige Forschende aus dem Ausland haben ebenfalls schon ihr Interesse an einer Gastprofessur angekündigt. Diese und weitere zahlreiche Rückmeldungen aus dem Ausland zeigen uns, dass das Grazer David-Herzog-Centrum für Jüdische Studien bereits nach dieser kurzen Zeit international präsent und gefragt ist.

Kontakt:
David-Herzog-Centrum für Jüdische Studien
Dr. Klaus Hödl, Elisabethstrasse 27, 8010 Graz, Tel. 0316/380-8072, e-mail: klaus.hoedl@kfunigraz.ac.at 

 

 
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