Neu in Graz: Zentrum
für jüdische Studien
Seit April 2000 existiert in Graz, eingebunden in die Karl-Franzens-Universität,
das David-Herzog-Centrum (DHC) für Jüdische Studien. Über
seine vielfältigen Inhalte und Aktivitäten sprach KORSO mit dem
Leiter des Zentrums, Dr. Klaus Hödl.
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Dr. Klaus Hödl, Leiter des Grazer
David-Herzog-Centrums für Jüdische Studien |
KORSO: Das Grazer David-Herzog-Centrum hat nun vor knapp einem
halben Jahr seine Arbeit aufgenommen. Was waren die Beweggründe, ein
solches Studienzentrum zu initiieren?
Hödl: Das Vorhaben entsprang der Notwendigkeit, den vielgestaltigen
Aktivitäten zum Thema Judentum auf Hochschulebene einen Rahmen zu
geben, um die zu erwartenden Synergieeffekte für die universitäre
Lehre und Forschung zu nützen. Unterstützt wurden die jahrelangen
Bemühungen vom Rektor der Karl-Franzens-Universität, dem geisteswissenschaftlichen
Dekan sowie dem Kuratorium des „David-Herzog-Fonds“ der Universität
Graz.
KORSO: Gibt es in Österreich vergleichbare Einrichtungen?
Hödl: Nein, das David-Herzog-Centrum ist einmalig in Österreich.
Zwar existiert in St. Pölten das Institut für jüdische Forschung,
dieses beschränkt sich in seiner Thematik jedoch auf den österreichischen
Raum. Das DHC versteht sich als Einrichtung zur Erforschung und Lehre der
jüdischen Geschichte und Kultur. Für uns ist dabei neben der
regionalen steirischen Dimension des Themas gerade die Auseinandersetzung
mit dessen internationalen Aspekten äußerst wichtig.
KORSO: Welche Themen werden hier bevorzugt?
Hödl: Es geht vorrangig um die Geschichte der Juden Israels
und der USA. Dazu sollen bereits bestehende Kontakte zu Universitäten
mit einem „Jewish Studies“-Programm in Israel und den USA vertieft und
erweitert werden. Ziel ist ein verstärkter Austausch von Studierenden
und Lehrenden sowie die Einbindung des DHC in internationale Projekte.
KORSO: Mit welchen regionalen Themen beschäftigt man sich
im DHC?
Hödl: Derzeit werden zwei eigenständige Forschungsvorhaben
zu dieser bisher vernachlässigten Thematik durchgeführt. Während
in einem die Geschichte der Juden in Graz aufgearbeitet werden soll, beschäftigt
sich ein zweites mit deren historischen Spuren in der steirischen Provinz.
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Das Centrum widmet sich internationalen und regionalen
Themen zur Geschichte des Judentums. Im Bild das kaiserliche Edikt aus
dem Jahr 1496, mit welchem die Juden aus der Steiermark vertrieben wurden. |
KORSO: Das David-Herzog-Centrum ist ja auch im Publikationsbereich
sehr rege.
Hödl: Ja, noch im November erscheint erstmals unsere Zeitschrift
„transversal“, die in Zukunft zwei Mal jährlich in deutscher und englischer
Sprache erscheinen wird. Für alle, die sich jetzt für ein Abonnement
entschließen, gibt es übrigens dieses erste Sonderheft gratis
zu einem Abo für das Jahr 2001. Daneben gibt es auch eine eigene Reihe
mit autobiografischen Texten sowie eine Abteilung von Sammelbänden
und Monografien. Brandaktuell ist der im Studienverlag mit internationalen
Beiträgen herausgegebene Sammelband „Jüdische Identitäten.
Zur Erinnerungslandschaft der österreichischen Juden“, der erst seit
einigen Tagen im Buchhandel erhältlich ist.
KORSO: Welche weiteren Aktivitäten sind für die Zukunft
noch geplant?
Hödl: Das DHC will das bestehende Lehrangebot an der Karl-Franzens-Universität
nicht nur koordinieren und ausbauen, sondern die Lehre zu jüdischen
Themen qualitativ so weit verbessern, dass es interessierten Studierenden
möglich ist, ihr Studium auf dem Gebiet der jüdischen Geschichte
und Kultur zu vertiefen. Ein mittelfristiges Ziel stellt die Einrichtung
eines eigenen Studienganges dar, in dem auch Diplomarbeiten und Dissertationen
verfasst werden können. Neben einer internationalen Konferenz im kommenden
Jahr streben wir daher eine Gastprofessur an.
KORSO: Wann könnte es eine solche in Graz geben?
Hödl: Es gibt bereits Verhandlungen mit dem Ministerium.
Einige Forschende aus dem Ausland haben ebenfalls schon ihr Interesse an
einer Gastprofessur angekündigt. Diese und weitere zahlreiche Rückmeldungen
aus dem Ausland zeigen uns, dass das Grazer David-Herzog-Centrum für
Jüdische Studien bereits nach dieser kurzen Zeit international präsent
und gefragt ist.
Kontakt:
David-Herzog-Centrum für Jüdische Studien
Dr. Klaus Hödl, Elisabethstrasse 27, 8010 Graz, Tel. 0316/380-8072,
e-mail: klaus.hoedl@kfunigraz.ac.at
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