Donnerstag, 4. Oktober
STEIRISCHER HERBST: Gerhard Rühm
Laut Programmheft hält er „als exemplarischer Künstler zur
österreichischen Identität“ (ähm, Künstler zur Identität?)
die Eröffnungsrede. Bautechnikzentrum der TU. 19.30 Sonst ist
er nicht nur mit der großen Ausstellung „Visuelle Poesie, visuelle
Musik“ präsent, sondern auch mit musikalischen Werken, die ur- und
erstaufgeführt werden, sowie als Chansonnier. www.steirischerbst.at
Freitag, 5. Oktober
MUSIKTHEATER: Zitzerlweis´
„Aria“, Beat Furrers jüngstes Opernwerk, das sich mit dem Orpheus-Mythos
befasst (herbst-O-Ton: „...folgt den rätselhaft-verschlungenen Pfaden...“),
wird heuer konzertant uraufgeführt. Schauspielhaus, 20.30. Für
2002 verspricht man uns auch eine szenische Uraufführung.
BORIS BUKOWSKI ZIEHT SICH AUS
Unter dem Titel „striptease“ kündigt die „Brücke“ einen schonungslosen
Selbstentlarvungs-Abend des schon etwas in die Jahre gekommenen Juristen
mit der Reibeisenstimme an. Angeblich werden alle Hüllen fallen, und
unter anderem soll auch der Beweis dafür erbracht werden, dass Bukowski
niemals zum Vorbild für unsere Jugend hätte werden dürfen
… bloß: war er das je? Und: Wer kann sich daran überhaupt noch
erinnern? Fragen, zu deren Klärung man vielleicht doch um 20.00
in der „Brücke“, Grabenstraße 39a, vorbeischaun sollte.
Samstag, 6. Oktober
PFLICHTTERMIN: Ausstellungsrundgang
Mit Gerhard Rühm eröffnet jener Künstler den diesjährigen
steirischen herbst, der das Festival auch im weiteren Verlauf kontinuierlich
begleiten und es schließlich – mit einem seiner raren Liederabende
– beschließen wird. Quasi als artist in residence ist Rühm nicht
nur integraler Bestandteil von Ilma Rakusas „Am Anfang war der Laut“-Wochenende,
eine Ausstellung im Kulturzentrum bei den Minoriten würdigt auch sein
Schaffen als bildender Künstler. Als Höhepunkt des Rühm-Schwerpunkts
ist die Uraufführung des Auftragswerks „Schwellenchronik der Jahrtausendwende“
geplant, ein Stimmungsbild aus Schlagzeilen an der „Schnittstelle zwischen
Literatur und Musik“. Man wird sehen.Auch zur Örtlichkeit des Eröffnungsfests
werden treue herbst-Besucher noch einige Male anreisen müssen. Im
neuen Bautechnikzentrum der TU Graz gehen nämlich das Symposion „Genpool,
Menschenpark, Freizeitkörper“ (bewusst ohne Titelgeber Sloterdijk)
als auch das Bühnen- und Regie-Debüt des Tiroler Autors Klaus
Händl, „Ich ersehne die Alpen; So entstehen die Seen“, über die
Bühne.
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Das neue Bautechnikzentrum der TU Graz – errichtet
in revolutionärer Holzleimbauweise – beherbergt eine Reihe von Veranstaltungen
des steirischen herbst(es)
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Doch zurück zur Eröffnung: Politiker dürfen wieder nicht
ans Mikrofon, der spanische Barde Tonino Carotone aber schon und Yonderboi
(vgl. KORSO 8/2000), die genialen Soundtüftler aus Budapest, hoffentlich
auch (die Zusage stand bei Redaktionsschluss noch aus). Mit einem fulminanten
musikalischen Herbstbeginn ist also zu rechnen, und nur einen Tag später
legt Jörg Schlick in der Screenbar des Teatro noch ein Schäuferl
nach: „Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion“ (Beteiligte: Cosima
von Bonin, beatnik, Justus Köhncke und Fritz Ostermayer) heißt
das Multimedia-Ereignis, das Schlicks persönliches All-Sparten-Festival
einleitet. Ab 6. Oktober werden dann Ausstellungen in zigtausenden Kunst-Etablissements,
Musik in Echtzeit und vom Tonträger, heftiges Sinnieren und ein Ballettabend
das Projekt „Gleich scheuen Hirschen in Wäldern versteckt zu leben“
auch dem letzten Bewohner der Landeshauptstadt ins Bewusstsein hämmern.
Gut so. arp
steirischer herbst, 04.10. - 04.11.2001. Information und Karten:
0316/816070, info@steirischerbst.at.
Relevante Orte und Zeiten: www.steirischerbst.at
URAUFFÜHUNG: In der Regie des Autors
„Ich ersehne die Alpen; so entstehen die Seen“ von Händl Klaus.
Das herbst-Programm (jenes pinke Heftchen, wo nicht steirischer herbst
draufsteht) raunt bedeutungslistig vorweg: „Jeder Satz in den beiden Monologen
ist wie eine Zelle mit Zellkern, darin sich grundlegende Informationen
über den Menschen finden – allerdings nicht die, nach denen Genetiker
suchen.“ Puuuh, wer hätte das gedacht? TU-Bautechnikzentrum, 19.30
VISUELLE POESIE - VISUELLE MUSIK: Gerhard Rühm-Ausstellung
in Graz
Was in den Fünfziger und Sechziger Jahren mit den Schreibmaschinenideogrammen
Rühms, Achleitners, Döhls, Jandls und anderer Protagonisten der
konkreten Poesie begann, präsentiert sich jetzt in abgeklärterer
Form, angereichert um neue Darstellungsformen wie Körper-Alphabete,
Melogramme und erotische Scherenschnitte, ab 06.10. im Kulturzentrum bei
den Minoriten. |
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Allem gemeinsam: Die wechselseitige Durchdringung von Zeichen
und Zeichnung – ein immer schon spannendes Thema. Noch spannender wird’s
durch die Möglichkeit, während der Ausstellungsdauer jeden Samstag
ab 16.30 mit dem Meister persönlich ein paar Worte wechseln zu können.
Eröffnung: 06.10., 13.00, Ausstellungsdauer: 07.10. bis 04.11.,
Öffnungszeiten: Di-So 10.00 bis 18.00, Do 10.00 bis 20.00, Eintritt:
öS 40,—/10,—, Führungen: jeden Sonntag, 11.00. Kulturzentrum
bei den Minoriten, Minoriten-Galerien im 2. Stock, Mariahilferplatz
3, 8020 Graz. Tel. (0316)711133. |
Sonntag, 7. Oktober
RADIKALSTKUNST: Von Jörg über Schlick bis Gott
Der Titel der Kunst ist schön, aber nicht zu kurz: „Gleich scheuen
Hirschen in Wäldern versteckt zu leben“. Ein Dutzend Ausstellungen
braucht – in aller Bescheidenheit – Schlick schon, um seine künstlerische
Umsetzung der menschlichen Erbinformation beim steirischen herbst zu präsentieren.
Damit er das Gesamtwerk, das ihm vorschwebt, zu Lebzeiten unter Dach und
Fach kriegt, wird er erklärtermaßen 10.000 Jahre alt. Sonst
wär’s überhaupt nicht zu schaffen. Und weil es dann in Schlicks
Wohnung eng wird, haben ihm Architkturstudenten ein 1.000.000 Kubikmeter
großes Depot entworfen. Jetzt geht sich’s aus. Heute geht eines langen
Tages Reise in die Ewigkeit los. Im Palais Attems. Am Vormittag.
Montag, 8. Oktober
HANS HAACKE: Mia san mia
Er hat ’88 – wie ’38 die Nazis – die Grazer Mariensäule ummäntelt
und mit dem Spruch „Und Ihr habt doch gesiegt“ versehen. Nun reizt er die
Deutschen mit seiner Installation im Reichstag – und hat in der Wiener
Generali Foundation eine große Werkschau. Kommenden Donnerstag
wird dort über „Kunst-Gedächtniskultur-Nationale Identität“
diskutiert. 19.00
Dienstag, 9. Oktober
KARRIERE: Frau
Stadträtin Tatjana Kaltenbeck-Michl stellt sich Fragen. Wie war’s?
Was hat’s Ihnen gebracht und was der Welt? Wie hoch ist der Preis, den
Sie für die Karriere zahlen müssen? Wie sind die Genossen? Würden
Sie’s nochmals...? Ehrlich? Trauungssaal im Rathaus. 18.30
VORTRAG: Woher Sie, woher Er?
Über den Ursprung der Geschlechtlichkeit spricht der Gießener
Forscher Eckart Voland im Rahmen einer von Franz Vuketits geleiteten Reihe
zum ewigen Thema Mann & Frau. TU-Hörsaal VI, 19.30
Mittwoch, 10. Oktober
KABARETT: Non-virtuell
Das Balaton Combo ist mit dem bedenkenswerten Programm „Sex mit Menschän“
noch morgen und Freitag im Theatercafé, 20.00
LESETIPP: Lass alle Hoffnung fahren!
„Wenn die Schwalben niedrig fliegen“ von Harald Weingärtner spricht
vom Nutzen der Wetter- und Bauernregeln. Darunter ein Wahrwort, das sich
glatt gegen das Bloch’sche Prinzip Hoffnung wendet: „Siehst nochmals du
Oktobermücken, so lass den Sinn dir nicht berücken.“