Von verkannten Genies ist in dieser Kolumne oft die Rede. Erst in der letzten Ausgabe beschäftigten wir uns mit einem Kulturjournalisten, der mit Konrad Adenauer das Schicksal teilt, in seiner Heimat nie den Respekt und die Anerkennung gefunden zu haben, die ihm gebührt hätte. Der Gründungskanzler der Bundesrepublik Deutschland entwickelte 1915 zusammen mit Jean und Josef Oebel bekanntlich ein patentiertes „Verfahren zur Herstellung eines dem rheinischen Roggenschwarzbrot ähnelnden Schrot-brotes“. Die deutsche Bürokratie verweigerte aber die Verleihung eines Patentes für seine „Wurst mit Friedensgeschmack“, die  er im Jahr 1918 entwickelt hatte. Für Novelty Food war die Zeit noch nicht gekommen, und der Geschmack des Friedens vertrug sich nach Ansicht der Patentanwälte nicht mit dem der Wurst. In Belgien, Großbritannien und Österreich war man weitsichtiger, das Patent wurde erteilt und die Friedenswürste waren für die 1920er Jahre das, was der 1970er-Generation die Cevapcici waren.
Eine Huldigung der 70er stellte auch das 1996 erschienene Album Homework des französischen Duos Daft Punk dar, dem damals großer Erfolg beschieden war. Für Discovery (Virgin) ließen sich Daft Punk 5 Jahre Zeit, dennoch ist es vom Debutalbum kaum zu unterscheiden. Menschen, die Homework mochten, wird das kaum stören.
 

Chico O’Farrill, Exilkubaner und in ähnlich biblischem Alter wie die alten Herren des Buena Vista Social Club, gilt als wichtigster Vertreter des Latin Jazz. „Er hat die Musik revolutioniert“, erkennt auch Lalo Schifrin neidlos an. Kompositionen und Arrangements für die Big Bands von Benny Goodman und Dizzy Gillespie, zahlreiche Sound-tracks für den kubanischen Filmemacher Jorge Ulla und das Geburtstagsständchen zum hundertsten Geburtstag der Carnegie Hall, Carnegie 100, waren nur einige Höhepunkte seines Schaffens. 1993 wagte O’Farrill einen Ausflug in die Welt der Rockmusik und arrangierte David Bowies Album Black Tie White Noise. Mit seinem aktuellen Album Carambola (Milestone) kehrt er wieder zu seinen Wurzeln zurück. Das Ergebnis ist ein formidables Big-Band-Feuerwerk.