03 / 2002
 
Gemüse und Obst aus dem Treibhaus schauen wunderbar aus, schmecken aber nach nichts. Genauso ist es mit künstlich vergrößerten Brüsten oder mit Fototapeten aus den 80er Jahren. Aus diesem Grund bilden sich seit einiger Zeit zahlreiche Bürgerinitiativen, die sich die Rückkehr zum Authentischen auf ihre Fahnen heften. Verschrumpelte Äpfel, Zellulitis und kahle  Kleinbürgerschlafzimmer sind die Folge. Auch in der Musik werden ganze Orchester in Höhlen getrieben und gezwungen, ohne elektrischen Strom zu musizieren.
Auf einer ganz anderen Linie authentisch ist der britische Songwriter Neil Halstead. Er schreibt Liebeslieder, für die das Gros der männlichen Musiker wahrscheinlich zu cool, ganz sicher aber zu ängstlich ist: Direkt, ehrlich und verletzlich. Nach 6 Alben mit seinen Bands Slowdive und Mojave 3 erschien kürzlich sein  formidables Solo-Debut Sleeping On Roads. (4AD), an dem Halstead schon vor über 2 Jahren zu arbeiten begann, als er – trennungsbedingt – für mehrere Monate im seinem Ton-Studio wohnen musste. So gesehen ist Sleeping On Roads ein weiterer Beweis dafür, dass auch Scheitern was Feines sein kann.
 

St. Thomas ist 25 und stammt aus Norwegen. Das behauptet zumindest seine CD I’m Coming Home (City Slang). Englisch hat St. Thomas bei Neil Young gelernt. Gesangsunterricht hat er bei Neil Young genommen. Die Melodien hat Neil Young für ihn komponiert und die Texte hat er auch geschrieben. Ob das stimmt? Wir wissen es nicht und es ist auch egal. Wer den alten Neil Young aus Ontario schätzt, muss auch den jungen aus Oslo mögen. Die CD verrät: Wenn wir seine Musik schätzen, erwärmt dies sein Herz – ein Angebot, das wir nicht ablehnen können. I’m Coming Home handelt von Pferden und Cowboys, Buchhandlungen und Möbeln. Die Kücheneinrichtung am CD-Cover hat St. Thomas’ Großvater selbst gemacht. Oder im Supermarkt gekauft. Alvar Aalto hat sie jedenfalls nicht entworfen. Originalität ist ja ein künstliches Kriterium und schmeckt nach nichts. Wir warten bis zum Einbruch der Dunkelheit, heizen ein bisschen wärmer ein und greifen zum Salzstangerl. Dann öffnen wir die Vorhänge und schauen den Büffeln nach.
 


Die CDs wurden  zur Verfügung gestellt von 
DUX-RECORDS
Annenstraße 6
8010 Graz
Tel. 72 37 27


Die beiden CDs gibt’s auch zweimal zu gewinnen – 
– natürlich in der KORSO-Gamebox!
 

 
MÄRZ-AUSGABE KULTUR